Der Güterbahnverband Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) hat in Berlin einen gemeinsamen Brief von Logistik- und Bahnverbänden an die europäischen Institutionen veröffentlicht, in dem der Schienengüterverkehr als das am wenigsten vom Coronavirus gefährdete Verkehrsmittel empfohlen wird. „Einer der großen Vorteile des Schienengüterverkehrs ist, dass wenige Menschen große Mengen transportieren“, erläutert Peter Westenberger, Geschäftsführer des NEE. „Damit gibt es weniger Übertragungsmöglichkeiten für das Coronavirus als im Straßengüterverkehr.“

Der Verband hat schon frühzeitig Empfehlungen herausgegeben, wie die Ansteckungsgefahr unter den Mitarbeitern weiter reduziert werden kann. Urheber waren einzelne Mitgliedsunternehmen, sie sich auch mit der DB Cargo AG abgestimmt hatten. Zum Beispiel soll beim Lokführerwechsel zunächst der abzulösende Lokführer aus dem Führerstand absteigen, bevor die Ablösung in das Fahrzeug einsteigt. Damit wird eine Begegnung auf engstem Raum vermieden.

Westenberger stellte heraus, dass ein einzelner Lokführer mit einem Zug des Kombinierten Verkehrs bis zu 40 Lkw-Sattelauflieger befördern kann, ohne dass sich die Lkw-Fahrer vom Ausgangsort bis zum Ziel quer durch Europa bewegen.

Auch an den Umschlagterminals bestehen weniger Risiken als im reinen Straßengüterverkehr, weil die Lkw-Fahrer ihre Kabinen nur selten verlassen müssen und bis auf den eventuellen Austausch von Frachtpapieren keinen physischen Kontakt mit den Terminalmitarbeitern haben. Die Container, Sattelauflieger und Wechselbrücken werden mit Kränen aus sicherer Entfernung umgeladen. Dadurch, dass die Lkw auf der ersten und letzten Meile nur einen Umkreis von höchstens 150 Kilometern bedienen – im Regelfall eher 50 Kilometer – besteht praktisch keine Gefahr großräumiger Virus-Übertragungen. Bei Ganzzügen – zum Beispiel für Getreide- oder Treibstofftransporte –, die von Gleisanschluss zu Gleisanschluss fahren, gibt es sogar noch weniger physische Kontakte zwischen Menschen. „Der Schienengüterverkehr ist im wahrsten Sinne des Wortes ein ‚gesunder‘ Verkehrsträger, das zeigt sich jetzt mehr denn je“, betont Westenberger.

Er sieht in der aktuellen Krise sogar eine Innovationschance für die Branche: „Wenn das Corona-Virus dazu führt, dass die letzten Lücken bei elektronischen Frachtpapieren und digitalen Logistikprozessen im Schienengüterverkehr schneller geschlossen werden, ist sogar etwas für die Zukunftsfähigkeit der Schiene gewonnen.“ Westenberger rief Krisenstäbe und Gesundheitsbehörden auf, mit Umsicht zu agieren und kontraproduktive Eingriffe in den Schienengüterverkehr zu vermeiden.

Quelle: NEE; Foto: ÖBB