Bild: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben
Der
kanadische Hersteller Bombardier hat offenbar Schwierigkeiten bei der
Auslieferung und der Qualität neuer Züge. Die Deutsche Bahn will nun 25
neue Intercity-Züge wegen technischer Mängel nicht von Bombardier abnehmen und forderte
den Hersteller auf, diese Mängel zu beheben.
Von den
technischen Mängeln betroffen ist die aktuelle zweite Bauserie der neuen
Doppelstockwagen. Die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert interne Bahndokumente,
die unter anderem beschreiben, dass das Betriebssystem des Zuges regelmäßig
zusammenbricht. Lokführer müssten eine Stunde vor Abfahrt am Zug sein, um das
System zu starten.
Auch die
Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH hat Probleme mit Zügen von Bombardier. Hier
wartet man noch immer auf die Nachlieferung von 22 Talent 2-Fahrzeugen.
Ausgeliefert wurden bislang lediglich 19 Triebzüge. Laut Liefervertrag sollten
es bis Dezember 2019 jedoch bereits 41 Züge sein. Noch ausstehend ist auch die
Zulassung der Züge in Dreifach- und Mischtraktion, die ursprünglich ebenfalls
zum Jahreswechsel hätte vorliegen müssen. Bombardier sagte eine vollständige
Nachlieferung und Zulassung der fehlenden Triebzüge bis Juni 2020 zu. Auch
sollen bis dahin weitere sieben Züge für die dritte Inbetriebnahmestufe im
Stuttgarter Netz/Neckartal an Abellio übergeben werden. Abellio hegt jedoch
große Zweifel an der Einhaltung dieses Liefertermins – zu gering sind die
aktuellen Produktionsfortschritte bei Bombardier.
„Ausgehend von der Produktionsdokumentation sowie den Eindrücken, die wir vom Fortgang der Fertigung bei Bombardier gewonnen haben, halten wir eine vollständige Nachlieferung der noch ausstehenden 22 Talent 2- Fahrzeuge bis zum Juni für unrealistisch“, sagt Rolf Schafferath, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH. „Um den Betrieb auf unseren gegenwärtigen und zukünftigen Linien unabhängig vom tatsächlichen Lieferumfang stabil zu halten, arbeiten wir bereits an einem weiteren Ersatzkonzept. Unterstützt werden wir dabei durch das Landesverkehrsministerium“, ergänzt Schafferath. Basis für die weitere Planung muss nach seinen Worten ein verbindlicher und realisierbarer Lieferplan sein, den Bombardier nun bis Ende Januar zugesagt hat.
Die bis dato
gelieferten Fahrzeuge entsprechen laut Abellio nicht den bestellten
Anforderungen – vor allem, was die Fahrzeugsoftware anbelangt – und weisen
zudem einige technische Mängel auf, was vor allem im Herbst vergangenen Jahres
eine Reihe betrieblicher Störungen verursachte. Als Grund für den Lieferverzug
nennt der Fahrzeughersteller die Einbindung neuer europäischer Normen und
Standards in die Fahrzeug-Software. Laut Bombardier ist es nicht gelungen, alle
Softwareanforderungen für die Zulassung durch das Eisenbahnbundesamt im Rahmen
des Zeitplans zu integrieren. Daraus resultierten schließlich Verzögerungen im
Produktionsablauf.
Die
Schwierigkeiten von Bombardier treiben nach Angaben der kanadischen Zeitung „La
Tribune“ und des kanadischen Fernsehsenders „TVA Nouvelles“ die weitere
Konsolidierung im Bahnsektor voran. Fast ein Jahr nach der gescheiterten Fusion
zwischen Alstom und Siemens sucht der kanadische Hersteller einen Partner für
die Zusammenlegung seiner Bahnbetriebe. Auf Anraten von Citigroup und UBS
wandte sich Bombardier an Alstom, aber auch an das japanische Unternehmen
Hitachi.
Die Wahl von Bombardier zwischen diesen potentiellen Partnern könnte von den Chancen abhängen, die Wettbewerbsbehörden zu überzeugen, und von den Zugeständnissen, die Bombardier möglicherweise machen muss, um grünes Licht zu erhalten. Der kanadische Hersteller, der in den kommenden Jahren Anleihen im Wert von neun Milliarden US-Dollar (8,2 Milliarden Euro) rückzahlen muss, muss schnell Mittel über sein Eisenbahngeschäft beschaffen, so eine von den beiden kanadischen Medien zitierte Quelle. Der geschätzte Wert der Bahnsparte von Bombardier wird danach auf „rund fünf Milliarden US-Dollar“ geschätzt. Die Höhe der Transaktion wird von der „Verschuldung“ abhängen, die Bombardier einbringt.
Quelle: Der Spiegel, Süddeutsche Zeitung, La Tribune, TVA Nouvelles