Die Europäische Kommission hat das so genannte „Fit for 55“-Paket vorgestellt. Darin macht sie 13 Vorschläge, um das verschärfte EU-Klimaschutzziel bis 2030 zu erreichen. Auch der Verkehrssektor spielt dabei eine zentrale Rolle. Die Betreiber von Bus und Bahn, denen eine wichtige Funktion bei der Erreichung der Ziele im Verkehrssektor zukommt, könnten an mehreren Stellen von den Vorschlägen profitieren. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) unterstützt die Initiativen im Rahmen des Pakets. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) ist derweil der Meinung, das Paket geht nicht weit genug.
VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Das nun vorliegende Gesetzespaket
der EU-Kommission begrüßen wir, da es aus Sicht unserer Branche an den
richtigen Stellschrauben ansetzt, um gemeinsam in der EU bis 2030 die
verschärften Klimaschutzziele zu erreichen. Nur wenn Wirtschaft, Politik und
Gesellschaft gemeinsam und mit der nötigen Konsequenz an der Umsetzung des
Klimaschutzes mitwirken, können wir die notwendige Reduktion von Treibhausgasen
in diesem kurzen Zeitraum noch schaffen. Das „Fit for 55“-Paket der
EU-Kommission leistet dazu einen wichtigen Beitrag und die darin enthaltenen
Gesetzgebungsinitiativen werden auch im Verkehrssektor zur Emissionsreduzierung
beitragen.“
Positive Entwicklungen bei Energiebesteuerung und Ladeinfrastruktur
Bei den Änderungsvorschlägen zu zwei zentralen Richtlinien im
Gesetzespaket der EU-Kommission sehen der VDV und seine Mitgliedsunternehmen
positive Ergebnisse für die Branche. Zum einen werden ÖPNV und Schiene im
Rahmen der „Energiebesteuerungsrichtlinie (2003/96/EG)“ als wichtige Dienste
anerkannt. Damit können die Mitgliedstaaten auch weiterhin reduzierte
Steuersätze bei der Energiebesteuerung anwenden. „Das ist mit Blick auf die
Wettbewerbsfähigkeit der Schiene und mit Blick auf die künftigen Betriebskosten
im ÖPNV ein entscheidender Punkt. Denn unsere Angebote werden nicht nur auf der
Schiene, sondern auch beim Bus immer häufiger elektrisch betrieben. Eine
reduzierte Besteuerung, etwa auf den Fahrstrom, ist daher unbedingt notwendig,
um bei zunehmender Elektrifizierung der Branche weiterhin wirtschaftlich fahren
zu können“, so VDV-Präsident Wortmann.
Eine zweite wichtige Entscheidung der Kommission findet sich aus
Branchensicht in der „Richtlinie über den Aufbau der Infrastuktur für
alternative Kraftstoffe (2014/94/EU)“: Die Mitgliedstaaten sollen künftig den
öffentlichen und nicht-öffentlichen Aufbau von ÖPNV-Infrastruktur für
alternative Kraftstoffe – also zum Beispiel Ladeinfrastruktur für E-Busse auf
den Betriebshöfen – mit in ihre nationalen Strategien aufnehmen. Zudem bleibt
die Definition von „alternativen Kraftstoffen“ im bisherigen Sinne nahezu
erhalten. Dadurch wird Rechtssicherheit bei der Umsetzung der Clean Vehicles
Richtlinie gewährleistet, die sich für ihre Definition eines „sauberen Busses“
auf die Liste der Technologien stützt. Bei bereits geplanten und getätigten
Investitionen, etwa in entsprechende Fahrzeuge seitens der Verkehrsunternehmen,
sind damit keine weiteren Anpassungen nötig. Aus dieser bisherigen Richtlinie
soll außerdem künftig eine Verordnung werden, die damit unmittelbar in den
EU-Mitgliedsstaaten gilt und nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden
muss.
„Insgesamt zeigt die EU-Kommission, dass sie mit diesen Vorschlägen und Verbesserungen erkannt hat, dass der Aufbau und die Investitionen in alternative Antriebe und in den Öffentlichen Verkehr insgesamt ein Schlüssel sind, um die europäischen Klimaschutzziele bis 2030 im Verkehrssektor zu erreichen. Nun müssen die einzelnen Initiativen schnellstmöglich von EU-Parlament und Ministerrat beschlossen werden, damit sie zeitnah umgesetzt werden können“, so Wortmann abschließend.
Kritik vom NEE
Vom Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) kommen derweil Laute anderer Tonart. Für die Schienen-EVU geht die EU-Kommission keinesfalls weit genug in Sachen Klimaschutz. Geschäftsführer Peter Westenberger, hält fest: „Wir bedauern, dass die EU-Kommission die Chance nicht nutzt, die Abschaffung von Dieselsteuerprivilegien und Tanktourismus vorzuschlagen. Die vorgeschlagene neue Mindeststeuer läge deutlich zu niedrig. Damit würde sich kurzfristig an den Wettbewerbsverzerrungen zwischen Lkw und Schiene und zwischen Mitgliedsstaaten nichts ändern. Ein funktionierender Emissionshandel im Verkehr ist ebenso Zukunftsmusik wie die von Verkehrskommissarin Valean beschworenen CO2-neutralen schweren Lkw.
Im gesamten Paket spielt die existierende Alternative der Schiene eine viel zu geringe Rolle. Dabei ist gerade sie die Grundlage im Verkehrsbereich, denn sie bietet momentan die einzige Aussicht, schnell den Verkehrssektor klimafreundlich zu machen. Für Subventionen in Abermilliarden-Euro-Höhe, die klimafreundlichere Antriebe gegenüber fossilen Kraftstoffen konkurrenzfähig machen sollen, wird absehbar staatliches Geld fehlen. Hier würde Unterstützung an die falsche Stelle gelenkt. Sie sollte doch in erster Linie dorthin gehen, wo auch künftig am energieeffizientesten und klimafreundlichsten transportiert werden kann.“
Quellen: VDV, NEE; Foto: Jeyaratnam Caniceus auf Pixabay