Wie lässt sich der vorhandene Platz in einem Zug flexibel nutzen? Diese Frage stellt sich die Schweizerische Südostbahn AG (SOB) in einem Pilotprojekt. Die entwickelte Lösung: Ein Viererabteil mit vollwertigen Sitzplätzen kann vom Zugpersonal mit wenigen Handgriffen zu einer Stellfläche für Velos und Gepäck umgewandelt werden. Derzeit wird das flexible Abteil in einem Flirt-Zug der SOB getestet.

Eine internationale Expertenjury hat dem Konzept “Innovative Flächenbewirtschaftung im Zug” (IFiZ) nun einen “Red Dot Award” in der Kategorie Züge, Flugzeuge und Wasserfahrzeuge verliehen. In der Sparte “Design Concept” werden Design-Visionen und Prototypen beurteilt. Das Projekt hat die SOB gemeinsam mit der Firma Erfindergeist aus Rorschacherberg entwickelt: “Wir haben das flexible Abteil gemeinsam mit und für die Kundinnen und Kunden entwickelt. Es freut mich deshalb besonders, dass die internationale Jury den Nutzen unserer Lösung erkannt hat”, sagt Christian Keller, Ingenieur und Industriedesigner von Erfindergeist. Die internationale Ausstrahlung des Projektes sei für die SOB wichtig, betont Projektleiterin Sandra Dietsche: “Wir entwickeln die Lösung für die gesamte Bahnbranche. Für die langfristige Umsetzung und Weiterentwicklung ist nationales und internationales Interesse von Transportunternehmen und Partnern aus der Industrie deshalb zentral.” Nebst der Funktionsfähigkeit und den Realisierungsmöglichkeiten wird beim Red Dot Award auch ein grosses Augenmerk auf das Design gelegt. Zur zukunftsweisenden Gestaltung der Sitzelemente trägt auch das visuelle Konzept bei: Der Zürcher Illustrator und Gestalter Olivier Samter hat zur Orientierung am und im Zug Piktogramme geschaffen, die sich an den klassischen öV-Symbolen orientieren, den Rahmen des Möglichen aber analog dem Innenraum flexibel ausdehnen.

 

Pilotversuch bis Ende 2024

An den Wochenenden vom 17./18. August 2024, 24./25. August 2024 und 31. August/1. September 2024 kommt der Flirt als Verstärkungseinheit im Fernverkehr des IR35 Aare Linth zwischen Zürich und Chur zum Einsatz. “Der gezielte Einsatz auf einer beliebten Velo-Route wird uns nochmals neue Erkenntnisse zur Konfiguration im laufenden Betrieb und zur Kundenlenkung liefern”, sagt SOB-Projektleiterin Sandra Dietsche. Bisher ist der Flirt hauptsächlich im Regionalverkehr sowie als Verstärkungseinheit beim Voralpen-Express unterwegs.

Das Abteil – und insbesondere auch Lösungen für einen angenehmen Transport von Velos und Gepäck – will die SOB gemeinsam mit Kundinnen und Kunden weiterentwickeln. Die ersten Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt zeigen, dass die Neuentwicklung des Abteils auf Anklang stösst und das Engagement der SOB vielfach gelobt wird. Einige Fahrgäste äussern jedoch auch Kritik, dass das Abteil nicht selbst konfiguriert werden kann – ein bewusster Entscheid in der Entwicklung, da es bei bestehenden Klappsitzen oft zu Nutzungskonflikten kommt.

Die Rückmeldungen aus Online-Umfragen und Gesprächen an Events, wie etwa der Zürcher Cycle Week, zeigen jedoch auch: Die Erwartungen der Kundinnen und Kunden gehen inzwischen deutlich über den reinen Transport von Velos hinaus. Sandra Dietsche betont: “Über das eigentliche Pilotprojekt hinaus, wird die SOB deshalb Themen wie der verbesserten Kundeninformation über freie Veloplätze oder der stärker werdende Wunsch nach Reservationsmöglichkeiten vertieft Beachtung schenken.”

Der mit dem neuen Abteil umgerüstete Flirt-Zug ist bis im Dezember 2024 auf verschiedenen SOB-Linien im Einsatz. Das Projekt wird von der Südostbahn und von Erfindergeist entwickelt und vom Bundesamt für Verkehr über ihr Förderprogramm „Innovationen im regionalen Personenverkehr“ finanziell unterstützt.

Quelle/Foto: SOB