Mainz abgehängt: Verbände schlagen Alarm
Die geplanten Einschränkungen im Zugverkehr zwischen Mainz, Wiesbaden und Frankfurt vom 3. bis 23. Mai 2025 stoßen auf scharfe Kritik von Fahrgastverbänden, Kommunen und der Politik. Was als notwendige Bauarbeiten angekündigt wurde, entpuppt sich demnach als Paradebeispiel mangelhafter Abstimmung, irreführender Kommunikation und wachsender Vertrauenskrise im deutschen Bahnverkehr.
Ganze 20 Tage lang wird das Rückgrat des Regional- und S-Bahn-Verkehrs zwischen den drei Städten nahezu lahmgelegt. Die S-Bahn-Linien S8 und S9 verkehren nicht mehr zwischen Kelsterbach und Mainz/Wiesbaden. Züge des Regional- und Fernverkehrs werden weiträumig umgeleitet oder fallen gleich ganz aus. Was bleibt, ist ein “Rumpfangebot”, wie es der Sprecher der Regionalgruppe Rheinhessen, Martin Mendel, drastisch nennt. Besonders befremdlich: Selbst der baulich nicht betroffene Abschnitt zwischen Mainz und Wiesbaden wird nicht bedient.
Doch damit nicht genug: Auch westlich von Mainz verschärfen sich die Probleme. Zusätzliche Sperrungen zwischen Mainz und Gau-Algesheim führen zu einem weiteren Ausdünnen des Fahrplans – mit spürbaren Auswirkungen für Pendlerinnen und Pendler in Richtung Bingen und Koblenz. Die Stadt Mainz wird damit faktisch in mehrere Richtungen gleichzeitig vom Bahnverkehr abgehängt.
Kommunikationsversagen mit Ansage
Die schärfste Kritik der Regionalgruppe Rheinhessen – ein Zusammenschluss von PRO BAHN, VCD und dem ÖPNV-Verein – richtet sich an die Kommunikationspolitik der Deutschen Bahn. Weder Verkehrsunternehmen noch Kommunen oder Fahrgastverbände seien vorab eingebunden oder informiert worden. Es habe keinerlei Koordination gegeben, weder mit konkurrierenden Anbietern wie vlexx noch mit den zuständigen Aufgabenträgern.
Besonders problematisch: In digitalen Fahrplänen wie dem DB Navigator erscheinen Züge, die real gar nicht fahren – ein massives Informationsdefizit mit potenziell chaotischen Folgen für Reisende. Die Regionalgruppe spricht offen von „gezielter Wettbewerbsverzerrung“ zugunsten des DB-Konzerns.
Als geradezu verantwortungslos kritisieren die Verbände die mangelnde Rücksichtnahme auf zwei Großereignisse: den Gutenberg-Marathon in Mainz und das Bundesliga-Derby zwischen Eintracht Frankfurt und Mainz 05 – beide am ersten Wochenende der Sperrung. Trotz des zu erwartenden hohen Fahrgastaufkommens gibt es keine Verstärkung des Angebots, sondern stattdessen weitere Einschränkungen. Eine Planung, die den Vorwurf der Ignoranz nahezu provoziert.
Politik fordert Konsequenzen
Auch aus der Politik kommt deutliche Kritik. Die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder bezeichnet die kurzfristige Ankündigung der Einschränkungen als „unerträglich“. Die vollständige Unterbrechung wichtiger Verbindungen und der gleichzeitige Ausfall anderer Streckenabschnitte seien „ein neuerlicher Tiefpunkt im Auftritt des DB-Konzerns“. Eder kündigte ein direktes Schreiben an die Konzernspitze in Berlin an und forderte den neuen Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder auf, das verlorene Vertrauen der Fahrgäste zurückzugewinnen. „Wir werden das scheibchenweise Abhängen von Rheinland-Pfalz durch die Bahn nicht akzeptieren“, so die Ministerin.
Forderungen nach personellen Konsequenzen
Die Regionalgruppe Rheinhessen geht noch einen Schritt weiter: Sie fordert die sofortige Freistellung von Dr. Klaus Vornhusen, dem Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Die intransparenten und nicht abgestimmten Maßnahmen trügen laut den Verbänden seine Handschrift. Wer es versäume, Akteure vor Ort einzubinden, gefährde die Verkehrswende und verspiele das Vertrauen in eine zukunftsfähige Bahnstruktur.
Die Regionalgruppe legt der Deutschen Bahn, dem RMV und den zuständigen Aufgabenträgern einen klaren Katalog vor:
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Eine umgehende Stellungnahme zur aktuellen Lage,
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kurzfristige Verbesserungen im Ersatzangebot, insbesondere zwischen Mainz und Frankfurt,
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eine koordinierte, faire Informationspolitik gegenüber Wettbewerbern,
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und eine tiefgreifende Reform der Baustellenkoordination im Südwesten Deutschlands – mit verbindlicher Einbindung von Kommunen und Fahrgastverbänden.
Was sich im Mai im Raum Mainz abspielt, ist weit mehr als eine technische Herausforderung im Baustellenmanagement. Es ist ein Symptom für ein strukturelles Kommunikationsversagen und fehlende Abstimmung zwischen Bahn, Politik und Gesellschaft. Wenn die Verkehrswende gelingen soll, braucht es nicht nur neue Gleise – sondern auch ein neues Verständnis von Partnerschaft, Transparenz und Verantwortung.
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