Riesen-Lkw-Netz kreuzt zahlreiche Bahnübergänge
Das Streckennetz für den seit Anfang Januar erlaubten Riesen-Lkw-Test kreuzt zahlreiche Bahnübergänge, obwohl das Bundesverkehrsministerium ein Zusammentreffen von Bahn und Gigaliner zuvor kategorisch ausgeschlossenen hatte. Bei einer stichprobenartigen Auswertung des sogenannten Positivnetzes mit allen genehmigten Riesen-Lkw-Routen stieß die Allianz pro Schiene auf mehr als 20 Bahnübergänge, die es nach wiederholten Versicherungen aus dem Bundesverkehrsministerium gar nicht geben dürfte. Nach dieser Arbeitsübersicht kreuzen die Gigaliner-Routen insgesamt 25 Bahnübergänge, zehn davon in Schleswig-Holstein, fünf in Niedersachsen, sechs in Bayern und vier in Hessen. In einer Pressemitteilung des Bundesverkehrsministeriums heißt es dagegen: „Die Streckenführung über höhengleiche Bahnübergänge schließen wir aus.“
„Da die Bahnübergänge und die Räumzeiten nicht für Riesenlaster ausgelegt sind, die monströsen Fahrzeuge aber schon seit Jahresbeginn fahren dürfen, ist ab sofort Gefahr im Verzug“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Montag in Berlin. Die Ampelsignale und Schrankenschaltungen der Bahnübergänge in Deutschland seien für die Riesen-Lkw nicht ausgelegt, weil die Räumzeiten nach der regulären Lkw-Maximallänge von 18,75 Meter berechnet würden, sagte Flege. „Skandalös ist, dass einzelne Länder offenbar jetzt erst anfangen, die von ihnen für den Gigaliner-Test des Bundes gemeldeten Strecken auf Gefahren an Bahnübergängen zu untersuchen.“ So lässt sich etwa das schleswig-holsteinische Wirtschaftsministerium in der heutigen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung mit der lapidaren Aussage zitieren, „ein abschließendes Ergebnis der Prüfungen“ gebe es noch nicht.
Der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer forderte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und die beteiligten Bundesländer auf, den bereits begonnenen Versuch „sofort zu stoppen und das für den Versuch zugelassene Straßennetz um sämtliche Straßen mit Bahnübergängen zu bereinigen“.
Sieben Bundesländer erlauben seit dem 1. Januar 2012 Fahrten mit überlangen Lastwagen: Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Hessen, Thüringen, Sachsen und Bayern. Die Länder Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt sprechen sich gegen eine Teilnahme an dem Versuch aus, aber die Verordnung der Bundesregierung genehmigt trotzdem Fahrten durch diese Bundesländer. Insgesamt führen 133 Kilometer Gigaliner-Strecken durch Baden-Württemberg und 144 Kilometer durch Sachsen-Anhalt. Baden-Württemberg strebt inzwischen eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Zwangsverpflichtung durch den Bund an. Auch die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen haben eine Klage dagegen angekündigt, dass die Ausnahmeverordnung ohne ausreichende gesetzliche Grundlage in Kraft gesetzt worden ist.
Die Spedition Ansorge in Bayern hat am 10. Februar auf der Grundlage der Ausnahmeverordnung des Bundesverkehrsministeriums bereits zwei Gigaliner vom Allgäu nach München fahren lassen. In größerem Umfang sollen die Riesen-Lkw ab März dieses Jahres fahren, wobei der für den 5. März angekündigte offizielle Startschuss mit Bundesverkehrsminister Ramsauer auf dem Münchner Betriebsgelände des Lkw-Herstellers MAN offenbar abgesagt worden ist. Quelle: Allianz pro Schiene