Nur 18 von 29 Fahrzeugen: Weiterer Lieferverzug für das Netz Neckartal
Das Bahnunternehmen Abellio hat im Auftrag des Landes Baden-Württemberg insgesamt 52 Talent 2-Triebfahrzeuge für das Stuttgarter Netz/Neckartal bei Zughersteller Bombardier Transportation (BT) bestellt. Im Liefervertrag ist eine Übergabe dieser Fahrzeuge in drei Stufen vorgesehen – orientiert an den Betriebsaufnahmen von Abellio im Streckennetz. Doch das kanadische Bahnindustrieunternehmen hängt bei der Fahrzeugproduktion beträchtlich hinterher. Nach mehreren nicht gehaltenen Lieferzusagen ist Bombardier Abellio aktuell noch 22 Fahrzeuge schuldig. Insgesamt 41 Züge sollten bis Dezember 2019 schon ausgeliefert sein, doch nur 19 Fahrzeuge sind es bislang tatsächlich. In Ermangelung von Neufahrzeugen ist Abellio seit der ersten Betriebsstufe im Juni 2019 gezwungen, ein Ersatzkonzept mit Leihzügen anderer Anbieter zu fahren.
Seit November 2019 verspricht Bombardier nun eine vollständige Nachlieferung der fehlenden 22 Züge bis zum 14. Juni 2020 – dem Starttermin der dritten Betriebsstufe von Abellio. Zudem sollen bis dahin vertragsgemäß weitere sieben Züge an Abellio übergeben werden. In Summe sind das 29 Neufahrzeuge. Der neueste Lieferplan (der eigentlich schon für Ende Januar zugesagt war aber erst seit wenigen Tagen final vorliegt) macht jedoch deutlich, dass bis zum Stichtag nur insgesamt 18 Fahrzeuge übergeben werden können. Auch die betrieblich notwendige Teilzulassung der Züge in Dreifach- und Mischtraktion, die im Dezember 2019 hätte vorliegen müssen, wird sich weiter nach hinten verschieben.
Da Abellio den erneuten Wortbruch von Bombardier bereits Ende Januar vorhersah, wird − unterstützt durch das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg − schon seit Wochen an einem neuen Ersatzkonzept gearbeitet. Dieses soll ab Juni 2020 umgesetzt werden und − unter Einsatz weiterer Leihfahrzeuge − einen stabilen Fahrbetrieb auf den aktuellen und noch hinzukommenden Linien von Abellio im Netz Neckartal ermöglichen. Insbesondere die verspätete Zulassung durch Bombardier stellt dabei eine große betriebliche Herausforderung dar.
Da die Genehmigung zum Kuppeln drei artgleicher und mehrerer unterschiedlicher Zugeinheiten zum Start der dritten Betriebsphase fehlt, kann Abellio die vorhandenen Neufahrzeuge zunächst nicht auf allen Strecken zum Einsatz bringen. Dadurch, und weil zahlreiche Neufahrzeuge fehlen, muss das komplette Betriebskonzept neu geplant werden. In Folge dessen entsteht für Abellio ein Mehrbedarf, sowohl an Ersatzfahrzeugen, als auch an Fahrpersonal. Zudem müssen die Neufahrzeuge nach Erhalt der Zulassung noch einmal sukzessive aus dem Verkehr genommen werden, um ein für die Zugkupplung notwendiges Software-Update durchführen zu können.
„Die erneute Unzuverlässigkeit von Bombardier bedeutet für uns einen immensen planerischen und finanziellen Mehraufwand. Der gesamte Zugverkehr im Netz Neckartal muss neu gedacht, geplant und umgesetzt werden − mit mehr Fahrzeugen verschiedener Baureihen und mehr Personal. Wir sehen uns erneut mit einer echten Mammutaufgabe konfrontiert, die wir aber auch dieses Mal bewältigen werden. Oberste Priorität hat für uns die Aufrechterhaltung des Fahrbetriebes für unsere Fahrgäste“, sagte Rolf Schafferath, Vorsitzender der Geschäftsführung der Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH.
Die Fahrzeugzulassung in Dreifach- und Mischtraktion beabsichtigt Bombardier nun bis Mitte Juni zu realisieren. Alle 52 Fahrzeuge der Abellio-Flotte verspricht der Hersteller bis September dieses Jahres ausgeliefert zu haben ─ so der aktuelle Planungsstand.
Quelle: ABRB; Foto: Bombardier