Zusammen durch die Krise?
Heute wurde Kritik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) an der Deutschen Bahn AG (DB) laut: Der Bundesvorsitzende Claus Weselsky forderte, das Bahnangebot um die Hälfte zu reduzieren.
Die Kritik kommt zu einem verwunderlichen Zeitpunkt, gestern erst hatte die DB bekannt gegeben, mit der GDL sowie der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) einen Pakt geschlossen zu haben. Mit der Vereinbarung „Gemeinsam gegen Corona“ für den Systemverbund Bahn habe man eine Unterstützung für Eltern und die Sicherung von Arbeitsplätzen beschlossen. „Ein wichtiges Signal, dass wir in der Krise zusammenhalten und im Schulterschluss für die DB-Beschäftigten vorangehen“, hatte DB-Personalvorstand Martin Seiler betont.
Mitarbeiter schützen, Bahnbetrieb sichern
Die besondere Systemrelevanz der Berufsgruppen im Eisenbahnverbund bedinge auch, dass die Gesundheit der Mitarbeiter, ihrer Familien sowie der Kunden bestmöglich zu schützen seien. Gleichzeitig müsse der Bahnbetrieb „so lange und gut wie möglich“ aufrecht erhalten werden.
Die Vereinbarung, die bis zum 31. Juli 2020 gilt, gewährleistet daher die Sicherheit der Arbeitsplätze. „Aus Anlass der Corona-Krise wird es keine Kündigungen geben“, sagte Seiler. Daneben wurde für Eltern die Arbeitsbefreiung von bis zu 15 Arbeitstagen bei gleichzeitiger Lohnfortzahlung vereinbart, um die Kinderbetreuung bei Kita- und Schulschließung zu ermöglichen. Auch sollen Arbeitszeiten unbürokratisch ausgeglichen oder nachgearbeitet werden können. Allerdings seien sich GDL, EVG und DB einig, dass in manchen Bereichen Kurzarbeit nötig sei. Diese erfolge aber auf der Basis von tariflichen oder tarifvertraglichen und betrieblichen Regelungen und werde nur mit Zustimmung des Betriebsrats eingeführt.
Doch generell gelte: Soweit den Beschäftigten die Arbeitsleistung infolge der Corona-Krise nicht möglich ist und keine anderweitigen Optionen zu einer Fortsetzung der Tätigkeit bestehen (etwa andere Lage der Arbeitszeit, anderer Arbeitsort, Anpassung der Tätigkeit, mobiles Arbeiten), wird das verstetigte Entgelt ungekürzt fortgezahlt.
DB reagiert auf GDL-Kritik
Vor diesem Hintergrund sagte GDL-Chef Weselsky nun der Deutschen Presse-Agentur: „Wir müssen nicht auf Teufel komm raus heiße Luft transportieren. Wir müssen mindestens 50 Prozent runter.“ Noch sei die DB aber bei 90 Prozent. Auch Aufgrund der sinkenden Fahrgastzahlen sei es notwendig, Personalreserven zu bilden, um auch in den nächsten Wochen ein Grundangebot bieten zu können.
Die DB weist die Kritik zurück. Ihr stabiles Angebot sichere die Mobilität in Deutschland und die kritische Infrastruktur. Denn nicht zuletzt seien Krankenpfleger, Ärzte, Polizisten und andere Helfer mit der DB unterwegs und die Züge daher nicht nur mit „heißer Luft“ gefüllt. Dass es in den Zügen derzeit viel Platz gibt, gewährleiste dabei die Gesundheit der Reisenden, die somit genügend Abstand zu anderen Fahrgästen halten können. Auch führen im bundesweiten Durchschnitt nicht 90, sondern 75 bis 80 Prozent des üblichen Angebotes. Die DB habe also ihr Angebot zurückgefahren – auch, um schonend mit dem Personal umzugehen.
Aufsichtsrat diskutiert Jahresabschluss
Weitere Neuigkeiten rund um die DB werden heute erwartet, da der Aufsichtsrat zusammenkommt. Auf der Tagesordnung steht der Jahresabschluss 2019, für den ein Gewinnrückgang im Vergleich zum Vorjahr (2,1 Milliarden Euro) auf 1,8 bis 1,9 Milliarden Euro erwartet wird. Auch werden mehrere Posten neu besetzt.
Dennis Tesch
Quellen: DPA, DB AG, GDL; Foto: DB AG / Dominic Dupont