Europäische Bahnen: Große Unterschiede in Qualität und Preis-Leistung
Das italienische Unternehmen Trenitalia, die Schweizer SBB und das tschechische Unternehmen RegioJet liegen in einem neuen, erstmals erstellten Ranking der Bahnunternehmen an der Spitze, während Eurostar den letzten Platz belegt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Bahndienste in Europa insgesamt hinter den Erwartungen zurückbleiben und dass teure Fahrkartenpreise nicht zwangsläufig mit einer höheren Qualität der Dienste einhergehen. Die Betreiber, die Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission müssen die Zuverlässigkeit, die Erschwinglichkeit und das Buchungserlebnis verbessern, so die Umweltschutzorganisation Transport & Environment (T&E).
Das neue Ranking bewertet 27 Bahnunternehmen anhand von acht Kriterien, darunter Fahrpreise, Zuverlässigkeit und Annehmlichkeiten an Bord. Trenitalia, SBB und RegioJet erhalten die besten Noten. Trenitalia zeichnet sich durch sein Reiseerlebnis aus, die SBB ist der pünktlichste Anbieter in Europa und RegioJet hat einige der günstigsten Tickets. Im Gegensatz dazu spiegelt das niedrige Ranking von Eurostar die hohen Preise und die schlechte Zuverlässigkeit wider. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit branchenweiter Reformen, um das europäische Bahnangebot zu verbessern.
Die deutschen Unternehmen DB und Flixtrain sind dabei im Mittelfeld zu finden. In der Kategorie “Preisgestaltung” ist Flixtrain auf dem ersten Platz, verleirt aber in Sachen Komfort Punkte. Die Preise der DB kosten diese Punkte, dafür steht sie beim Buchungsvorgang auf Platz zwei hinter der SBB.
Zuverlässigkeit oft nicht gegeben
Erschwinglichkeit ist der Schlüssel für Fahrgäste, die sich für die Bahn als Fernverkehrsmittel entscheiden, aber die Analyse von T&E zeigt, dass einige große Bahnunternehmen hier versagen. Die Deutsche Bahn (DB), die SNCF und Eurostar schneiden bei der Preisgestaltung, die 25 % der Endnote ausmacht, schlecht ab. Sondertarife, wie Ermäßigungen für Familien und bestimmte Altersgruppen, können den Zugang zur Bahn erleichtern. In dieser Kategorie, die 15 % des Rankings ausmacht, erhalten BDZ (Bulgarien), CP (Portugal), Hellenic Trains (Griechenland), SJ (Schweden) und die italienischen Betreiber Italo und Trenitalia Bestnoten.
Zuverlässigkeit und einfache Buchung, die ebenfalls 15 % des Rankings ausmachen, sind der Schlüssel zur Verbesserung des Fahrgastkomforts und können die Akzeptanz dieses kohlenstoffarmen Verkehrsmittels fördern. Die Schweizer SBB, die belgische SNCB und die spanische Renfe liegen bei der Zuverlässigkeit an der Spitze, während die deutsche DB, die portugiesische CP und die schwedische Snälltåget am schlechtesten abschneiden. Nur 11 von 27 Betreibern erreichen Pünktlichkeitsquoten von über 80 %. Was die Buchungserfahrung betrifft – einschließlich der Frage, wie lange im Voraus Fahrkarten angeboten werden und ob externe Plattformen sie verkaufen können -, so führt die SBB die Liste an, gefolgt von der deutschen DB und den österreichischen ÖBB.
Preise sind entscheidend
Victor Thévenet, Manager für Bahnpolitik bei T&E, sagt: „Die himmelhohen Ticketpreise treiben die Fahrgäste weg von der Bahn. Um das volle Potenzial der Bahn auszuschöpfen, müssen wir die Fahrkarten erschwinglicher machen. Dies ist eine gemeinsame Aufgabe der Branche und der Regierungen. Die Bahnbetreiber müssen kundenfreundliche Tarife festlegen, während die Mitgliedstaaten und die EU für einen fairen Wettbewerb und niedrigere Bahngebühren sorgen sollten. Das ist die Eintrittskarte, um Bahnreisen für alle Europäer zugänglich zu machen“.
Eine weitere Analyse von T&E aus dem endgültigen Ranking zeigt, dass höhere Preise keinen besseren Service garantieren. Die ÖBB und Trenitalia bieten eines der besten Preis-Leistungs-Verhältnisse in Europa, während Eurostar und Avanti hohe Preise verlangen, aber einen minderwertigen Service bieten.
Das Ranking von T&E kommt in einer Zeit, in der ein wachsender Konsens über die Notwendigkeit besteht, die Bahndienstleistungen in Europa zu verbessern. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat kürzlich zugesagt, eine neue Verordnung über die einheitliche digitale Buchung und Ausstellung von Fahrscheinen vorzuschlagen, die es Reisenden ermöglichen würde, Fahrscheine problemlos länder- und betreiberübergreifend zu buchen, ohne Angst haben zu müssen, Anschlüsse zu verpassen. Sie beauftragte ihren designierten Kommissar für nachhaltigen Verkehr damit und versprach bei seiner Anhörung, dies bald zu tun. Die Arbeiten am kommenden EU-Haushalt und die künftige Überprüfung der Fazilität „Connecting Europe“ (CEF), Europas wichtigstem Finanzierungsprogramm für die Verkehrsinfrastruktur, bieten eine gute Gelegenheit, die Investitionen der EU in den Schienenverkehr auch auf die Instandhaltung, Modernisierung und Digitalisierung der Schieneninfrastruktur auszurichten.
Thévenet fügt hinzu: „Die EU hat ein Fenster geöffnet, um endlich die Bahnunternehmen zu verpflichten, ihre Fahrkarten mit Buchungsplattformen zu teilen, um grenzüberschreitende Buchungen mit nur einem Klick zu ermöglichen. Zusammen mit der Einführung des europäischen Standards für das Zugsicherungssystem ERTMS, das die Kapazität und Pünktlichkeit der Züge erhöhen wird, haben diese Vorschriften das Potenzial, den Schienenverkehr zuverlässiger und benutzerfreundlicher zu machen. Es ist nun an der Zeit, dass die Kommission zeigt, dass dies keine leeren Versprechungen sind.“
Die Studie im Detail mit interaktiver Darstellung der einzelnen Kategorien und mehr ist hier zu finden.