Angesichts der nun bekannt gewordenen
finanziellen Forderungen der Deutschen Bahn AG nach zusätzlichen
acht bis zehn Milliarden Euro bis 2024 fordert mofair, der Verband
der Wettbewerbsbahnen, vollständige Transparenz, warum es der Mittel
bedarf und wofür genau sie eingesetzt werden sollen: „Wenn es
darum geht, dem Schienenwegsbetreiber DB Netz oder dem
Bahnhofsbetreiber DB Station&Service krisenbedingte
Einnahmenausfälle zu erstatten, ist das richtig und wichtig“, sagt
mofair-Präsident Christian Schreyer, und fährt fort: „aber es
muss ausgeschlossen werden, dass mit zusätzlichen Steuergeldern die
Transportgesellschaften des DB-Konzerns, vor allem DB Fernverkehr,
gefördert werden, deren Wettbewerber aber nicht.“ Sonst drohten
massive Wettbewerbsverzerrungen.
Verkehrsunternehmen im Fernverkehr auf
der Schiene (SPFV) müssen ihre Kosten aus Ticketeinnahmen
bestreiten. In der Corona-Krise kamen aber keine Fahrgäste mehr, und
die Unternehmen hatten angesichts der Stornierungen „negative
Fahrgeldeinnahmen“. Daher mussten die SPFV-Wettbewerbsbahnen ihren
Betrieb ab dem 20. März einstellen. Nur so konnten sie Schäden
eindämmen und eine Chance erhalten, ihr Angebot nach dem Abklingen
der Krise wieder aufzunehmen. Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit
gehen.
Nicht so bei der DB Fernverkehr: Trotz
geringster Passagiernachfrage fuhr sie 73 % bzw. 75 % ihres
planmäßigen Angebots (gemessen in Sitzplatz- bzw. in
Zugkilometern). Und obwohl touristische Reisen nach dringender
Empfehlung der Bundesregierung nicht mehr unternommen werden sollten,
gewährte sie sogar weiterhin Rabatte wie Sparpreise und
Supersparpreise.
Eine verantwortungsvolle
Unternehmensführung ist dazu verpflichtet, drohenden Schaden
abzuwenden oder zumindest zu minimieren. Dass die Verantwortlichen
bei DB Fernverkehr und im Mutterkonzern Deutsche Bahn AG anders
entschieden haben, kann zwei Gründe haben. Beide sind beunruhigend:
Entweder gibt es eine, vielleicht auch
implizite, Absprache zwischen der Bundesregierung und der DB. Danach
würde sich der Bund dafür erkenntlich zeigen, dass das Angebot
trotz wirtschaftlicher Unsinnigkeit aufrechterhalten blieb. Es läge
eine Art „Auferlegung“ vor. Das zur Leistung verpflichtete
Unternehmen würde seine spezifischen Kosten gegen Nachweis erstattet
bekommen. Allerdings hätte der Bund dann auch andere Unternehmen am
Markt auf diese Weise verpflichten müssen. Schließlich waren und
sind die Wettbewerber der DB Fernverkehr ebenso bereit und in der
Lage, gegen Erstattung des Aufwands ihr bisheriges Angebot weiter zu
fahren. Personal und Fahrzeuge sind vorhanden. Wie das rechtlich
möglich ist, zeigt die Republik Österreich: Sie verpflichtete für
ein Angebot im Stundentakt zwischen Wien und Salzburg über eine
Notvergabe nicht nur die staatseigenen Österreichischen Bundesbahnen
(ÖBB), sondern auch die private WESTbahn.
Oder es geht der Deutschen Bahn AG eher
darum, Druck auf die Bundespolitik auszuüben: In einer
Krisensituation, da der Staat zu Hilfeleistungen geneigt ist, um die
Wirtschaft zu stabilisieren, könnte die DB mit zusätzlichen Mitteln
auch manch anderes finanzielle Problem abräumen. Dafür spricht auch
die immense Höhe der geltend gemachten Forderungen von acht bis zehn
10 Milliarden Euro.
„Wie auch immer der Sachverhalt
tatsächlich ist: DB und Bund müssen transparent und nachvollziehbar
machen, wieviel Geld für welche Zwecke benötigt wird. Und wenn es
tatsächlich darum gehen soll, Transportunternehmen des DB-Konzerns
zu stützen, dann muss gleiches Recht für alle gelten. Es kann nicht
sein, dass der Bund seine eigenen Unternehmen bevorzugt“, betonte
Christian Schreyer.
„Die Vereinbarkeit der
Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn AG aus dem Klimapaket
mit europäischem Wettbewerbsrecht ist noch lange nicht geklärt; der
Fall liegt noch in Brüssel. Die Wettbewerber werden nicht zögern,
auch weitere Unterstützungen für den integrierten Konzern durch die
EU-Kommission überprüfen und notfalls stoppen zu lassen. Auch
Bundeskartellamt und der Bundesrechnungshof werden sich dafür
interessieren. Es muss verhindert werden, dass der Wettbewerb auf der
Schiene in der Krise unter die Räder kommt,“ so Schreyer
abschließend.
Quelle: mofair; Foto: Deutsche Bahn
AG/Claus Weber