Gerichtliche Klärung der Leiharbeiter-Genossenschaft der GDL
Die Deutsche Bahn (DB) lässt nun gerichtlich klären, ob die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) durch ihre Leiharbeiter-Genossenschaft Fair Train ihre Tariffähigkeit verloren hat. Eine entsprechende Feststellungsklage hat der Konzern gestern beim Hessischen Landesarbeitsgericht eingereicht. Hintergrund sind personelle Verflechtungen und schwere Interessenkonflikte. So haben GDL und Fair Train quasi mit sich selbst einen Tarifvertrag geschlossen. Zudem begünstigen die GDL-Forderungen der aktuellen Tarifrunde die GDL-Leiharbeiter-Genossenschaft und sollen der DB schaden.
DB-Personalvorstand Martin Seiler: „Die GDL tritt gleichzeitig als Arbeitgeber und als Gewerkschaft auf. Was ist sie denn nun? Leider verweigerte die Lokführergewerkschaft bisher am Verhandlungstisch die Klärung dieser entscheidenden Frage. Da sie die Verhandlungen für gescheitert erklärt und die weiteren Termine abgesagt hat, sind wir jetzt zu diesem Schritt gezwungen. Wir müssen rechtssicher wissen, ob wir einen handlungsfähigen Tarifpartner haben. Schließlich befinden wir uns in einer laufenden Tarifrunde.“
Die DB geht aktuell davon aus, dass die GDL durch die Gründung ihrer Leiharbeiter-Genossenschaft Fair Train ihre Tariffähigkeit verloren hat. Mehrere rechtliche Stellungnahmen unterstützen die Auffassung der DB einhellig. Wird die Auffassung der DB vom Gericht bestätigt, dann kann die GDL keine wirksamen Tarifverträge mehr schließen: weder mit der DB noch mit anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen. Und: Die GDL darf nicht mehr streiken, weil das legitime Streikziel, nämlich der Abschluss eines Tarifvertrags, nicht umsetzbar wäre.
Die Tarifunfähigkeit kommt laut DB unter anderem durch die personellen und organisatorischen Verflechtungen in den Führungspositionen von GDL und Fair Train zustande. Die Gewerkschaft wurde mit der Gründung ihrer Leiharbeiter-Genossenschaft gleichzeitig auch Arbeitgeber und hat quasi mit sich selbst einen Tarifvertrag verhandelt und geschlossen. Das ist nach Auffassung der DB ein unzulässiges In-sich-Geschäft mit erheblichen Interessenkonflikten, denn die handelnden Personen bei GDL und Fair Train sind größtenteils dieselben. Damit ist die sogenannte Gegnerunabhängigkeit der Gewerkschaft nicht mehr gewahrt.
Zudem hat die GDL bei der Vorstellung ihrer Leiharbeiter-Genossenschaft unmissverständlich klargemacht, dass sich die Fair Train ausschließlich gegen die DB richtet, weil nur von dort Lokführer:innen abgeworben werden sollen. Das ist nicht nur wettbewerbsrechtlich fragwürdig, sondern ebenfalls ein schwerer Interessenkonflikt: Gründungs- und Aufsichtsratsmitglieder des Leiharbeitgebers Fair Train führen aktuell Tarifverhandlungen mit der DB. In anderen Worten: Mitglieder einer Unternehmung, die dazu gegründet wurde, der Deutschen Bahn Schaden zuzufügen, führen mit ebendieser DB seit Anfang November Tarifverhandlungen.
Vor diesem Hintergrund erscheinen einige der 35 Forderungen der GDL in neuem Licht: Sie begünstigen ihre eigene Leiharbeiter-Genossenschaft und sollen der DB schaden. Eine Forderung: Eine 35-Stunden-Woche in einer 4-Tage-Woche – damit werden Lokführer:innen noch knapper auf dem Arbeitsmarkt, die Nachfrage bei Leiharbeitsfirmen steigt. Eine zweite Forderung: Arbeitnehmerinitiierte Kündigungsfristen für Mitarbeitende bei der DB verkürzen – damit Lokführer:innen schneller zur Fair Train wechseln können.