Kaum jemand hat wohl ernsthaft mit dem Brexit gerechnet – und nun ist er tatsächlich da. Das Privatbahn Magazin hat Stimmen dazu eigeholt.

Maria Leenen, Geschäftsführende Gesellschafterin der SCI Verkehr GmbH:

Die größte Chance des Votums der Briten sehe ich in dem hoffentlich heilsamen Schock, der von ihm ausgehen kann. Meine größte Sorge ist eine politische Lähmung in Kombination mit einer längeren Wirtschafts- und Finanzkrise. Man muss unterscheiden zwischen tatsächlichen „harten“ Auswirkungen eines – wenn überhaupt in 2-3 Jahren vollzogenen – Brexit-Vollzugs und den heute wirksamen Reaktionen von Unternehmen und Finanzmärkten, die jetzt Entscheidungen für die Zukunft treffen müssen. Die europäischen Bahnbranche ist sehr international aufgestellt und agiert traditionell nicht nur innerhalb der EU-Grenzen. Sehr wahrscheinlich gelten auch nach einem Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU Außenhandelsverträge, die den Handel mit der EU sicherstellen. Ebenso wird die begonnene Harmonisierung der europäischen Bahnen durch den Brexit nicht aufgehalten werden und die Briten werden sich auf Dauer nicht den wachsenden Standards des Kontinents verschließen können – ob innerhalb oder außerhalb der EU. Stark ist dagegen die Wirkung des Brexit-Entscheids auf anstehende Investitionsentscheidungen: So erreichte uns bereits am „day after“ die Anfrage eines asiatischen Bahntechnikherstellers: Seine gerade getroffene Investitionsentscheidung für die Europa-Präsenz in UK liegt jetzt auf Eis – die Alternative ist Kontinentaleuropa und jetzt vor allem Deutschland. Auch andere Bahnhersteller mit Fertigung in UK oder Betreiber wie die Deutsche Bahn mit ihrer möglicherweise zum Verkauf stehenden UK-Tochter Arriva werden prüfen müssen, wie sie sich für in Zukunft aufstellen wollen. Wir erwarten diesbezüglich den einen oder anderen Beratungsauftrag.

Weitere Statements zum Brexit aus Wirtschaft und Politik lesen Sie in wenigen Tagen in der neuen Ausgabe des Privatbahn Magazins 4/2016.